10 Jahre EVEREST-Methode® Verhandlungstraining

Welche Machtspiele erwarten Sie in der nächsten Verhandlung?

Bereiten Sie sich mit der „Machtwaage“ vor!

Ein nützliches Werkzeug, mit dem Sie sich auf Machtspiele in Verhandlungen vorbereiten können, ist die sogenannte „Machtwaage“. Stellen Sie sich eine Waage mit zwei Waagschalen vor. Wenn Sie in eine dieser Schalen ein Gewicht legen, sinkt sie ab, und die andere Schale wird angehoben. Genauso verhält es sich auch zwischen Verhandlungsparteien: Was die eine „herunterzieht“, stärkt die Position der anderen.

Was aber sind diese Gewichte, die uns in der Verhandlung belasten oder unserem Gegenüber Macht verleihen? Es handelt sich hierbei um Risiken, befürchtete Konsequenzen und persönliche Ängste für den Fall, dass es zu keiner Einigung kommt.

Risiken für den Verkauf:

  • Auftragsverlust: Auswirkungen auf Auslastung, Gewinn und Umsatz
  • Verlust einer wichtigen Kundenreferenz
  • Gefährdung von Zukunfts- und Folgegeschäften (Cross-Selling, Up-Selling)
  • Aktiver und gestärkter Wettbewerb
  • Verfehlung persönlicher Ziele
  • Hoher Aufwand beim Aufbau neuer Kundenbeziehungen
  • Arbeitsplatzsicherheit
  • Wahrung des Gesichts
  • Konflikte mit Fachabteilungen oder der Geschäftsleitung

Risiken für den Einkauf:

  • Produktionsstillstand, Engpässe
  • Gefährdung der Versorgung eigener Kunden
  • Zeitdruck
  • Aufwand einer neuen Ausschreibung
  • Qualitäts- und Zuverlässigkeitsrisiken bei einem neuen Lieferanten
  • Aufwendige Zulassungen neuer Lieferanten
  • Konflikte mit Fachabteilungen
  • Persönliche Mühe, Ärger, Anstrengung

Wie groß das Risiko für die Verhandlungspartner:innen tatsächlich ist, lässt sich vorab kaum feststellen. Es hängt hauptsächlich von der Wahrnehmung der Beteiligten und ihrer Risikobereitschaft ab – und genau dies können Sie zu Ihrem Vorteil nutzen.
Bereiten Sie sich zunächst auf mögliche Angriffe Ihres Gegenübers vor, indem Sie Ihre eigenen Schwachstellen ehrlich, sorgfältig und umfassend ermitteln. Für jedes dieser potenziellen Druckmittel sollten Sie sich überlegen, wie Sie damit umgehen wollen, falls es in der Verhandlung zur Sprache kommt. Binden Sie betroffene Abteilungen oder Personen frühzeitig ein. In der Verhandlung können Sie die Wahrnehmung der Verhandlungspartnerin, des Verhandlungspartners beeinflussen:

  • Zeigen Sie bei Angriffen keine Reaktion. Schweigen Sie oder wechseln Sie das Thema.
  • Reduzieren Sie die Bedeutung von Risiken oder streiten Sie deren Existenz ab.
    • „Das lassen Sie mal meine Sorge sein.“
    • „Glauben Sie mir, wir haben das im Griff.“
  • Bleiben Sie ruhig und gelassen.
  • Wechseln Sie auf die Beziehungsebene.
    • „Wir haben doch bisher auch immer eine Lösung gefunden.“
    • „Wir wollen doch auch in Zukunft vertrauensvoll zusammenarbeiten.“
  • Präsentieren Sie Ihre Alternativen glaubhaft und zeigen Sie die Vorteile dieser Lösung auf.
  • Andeutungen, Warnungen, Drohungen – wo stehen wir?
  • Wenn die Gegenseite droht, bewahren Sie einen kühlen Kopf und zeigen Sie, dass Sie einer Konfrontation nicht aus dem Weg gehen.

Sollte dies nicht ausreichen, können Sie zum Gegenangriff übergehen und Ihren Verhandlungspartner von seinem hohen Ross herunterholen. Dazu müssen Sie mögliche Schwachstellen ermitteln und überlegen, wie diese am Verhandlungstisch als Hebel eingesetzt werden können. Binden Sie auch hier betroffene Abteilungen oder Personen ein und schmieden Sie Allianzen:

  • Machen Sie deutlich, dass Sie bereit sind, es darauf ankommen zu lassen, falls nötig. Zeigen Sie Stärke und Entschlossenheit!
  • Erarbeiten Sie ein alternatives Szenario und gestalten Sie es so attraktiv wie möglich, um es überzeugend zu präsentieren.
  • Überlegen Sie, wie weit Sie bei der Nutzung dieses Hebels gehen wollen: Erwähnung, Warnung, Drohung. Nachgeben können Sie immer noch!
  • Heben Sie gleichzeitig den Nutzen einer Einigung für beide Seiten hervor, denn Ihr Ziel ist es, auf der Sachebene eine Lösung zu finden. Indem Sie mögliche Alternativen aufzeigen, machen Sie Ihrem Gegenüber klar, dass Sie ein Entgegenkommen erwarten, wenn die Zusammenarbeit fortgesetzt werden soll.

So können Sie die Wahrnehmung eines Verhandlungspartners beeinflussen, ihn verunsichern und seine vermeintlich starke Verhandlungsposition in Frage stellen. Die Machtwaage neigt sich zu Ihren Gunsten!

Auszug aus der neuen Veröffentlichung, die Anfang 2025 beim UVK Verlag erscheinen wird: Jörg Pfützenreuter, Thomas D. Veitengruber. Professionelles Verhandeln für Einkauf und Verkauf. Die EVEREST-Methode®, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage.